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Haushalt 2024: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“ 

Haushalt 2024: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“ 

Bürgermeister bringt Haushaltsplanentwurf ein

Am 19. Oktober 2023 brachte Bürgermeister René Kirch den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2024 in die Stadtverordnetenversammlung ein. Dem voraus ging eine intensive Beteiligung der Stadtverordneten (wir berichteten). Das umfangreiche Zahlenwerk bestätigt, was viele bereits geahnt hatten; die Finanzsituation der Stadt ist dramatisch. „Wir stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand“, sagt der Bürgermeister und kündigt Einsparungen und Steuererhöhungen an.

Das Ziel der kommenden Jahre ist klar. Handlungsfähigkeit bewahren, Attraktivität der Stadt weiterentwickeln und die Angebote, die Groß-Umstadt lebens- und liebenswert machen, möglichst erhalten. Eine Mammutaufgabe. „Die finanzielle Ausstattung der Kommunen wird immer mehr zum hessenweiten Problem“, sagt Kirch.

Der vorgelegte Haushaltsplanentwurf zeigt, welche Mittel nötig sind, um die Infrastruktur, die sozialen, kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Angebote zu erhalten. In der Gesamtbetrachtung ist erkennbar, dass Einsparpotenziale kaum vorhanden, denn der überwiegende Teil der Ausgaben setzt sich aus Pflichtaufgaben zusammen, auf die die Stadt keinen Einfluss hat.

Bürgermeister René Kirch erläutert: „Die hohe Inflation in nahezu allen Bereichen, die erneut vom Landkreis Darmstadt-Dieburg erhöhten Umlagen, die massiv gestiegenen Sollzinsen sowie die Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes zwingen uns, die Ertragsseite des Haushaltes zu verbessern. Insgesamt ist allein in diesen Bereichen ein finanzieller Mehraufwand in Höhe von 5,5 Millionen Euro zu verzeichnen, auf die wir kaum echte Einflussmöglichkeiten zur Einsparung haben.“ Und die wenigen Positionen, auf die wir Einfluss haben, wurden intensiv und kritisch betrachtet, Kostenblöcke gekürzt und Ausgaben gestrichen. Zudem werden die Gewerbesteuereinnahmen für das kommende Jahr um 1,2 Millionen Euro geringer, auf 10,9 Millionen Euro, prognostiziert. „Ausgaben steigen, Einnahmen sinken“, so die prägnante Zusammenfassung des Kämmerers.

Die Entwicklung der letzten Jahre

„Man kann nur bis zu einem gewissen Punkt die Ausgaben verringern“, stellt Kirch fest und erinnert: „In den vergangenen zwei Haushalten wurden bereits bei den Sach- und Dienstleistungen jeweils acht Prozent eingespart, bei gleichzeitig steigenden Preisen. Auch bei den Haushaltsansätzen des Bauunterhaltes und den Kosten der Straßensanierung wurde deutlich gekürzt, was sich natürlich bemerkbar macht.“

Allein die Kreis- und Schulumlage ist von 20,03 Millionen Euro im Jahr 2022 auf 23, Millionen Euro im Jahr 2024 gestiegen. Der Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte geht mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie einer integrativen Komponente, aber auch mit drastisch steigenden Kosten einher. „Allein 90 neue Kita-Plätze sind ein erklärtes und wichtiges Ziel, binden aber Investitionsmittel und Personalkosten“, so der Bürgermeister. Da spreche man noch nicht von wichtigen Investitionen in Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Klimaanpassung, IT-Sicherheit, Digitalisierung, demografischer Wandel, Feuerwehr, Daseinsvorsorge und viele weitere, die notwendig seien, um den Wohn- und Wirtschaftsstandort zukunftsfähig aufzustellen. Als freiwillige Leistungen zählen beispielsweise die Sportförderung, der Schwimmbadbau und -betrieb ebenso wie die kulturelle Vielfalt und Qualität der Stadt. „Diese kosten zweifelsohne Geld, gehören meiner festen Überzeugung nach zur DNA unserer Stadt und macht unser Groß-Umstadt so großartig.“

In einem umfangreichen Prozess, gemeinsam mit der Freiherr-vom-Stein-Stiftung, wurden alle Ausgaben und Einnahmen auf den Prüfstand gestellt. Die Haushaltskonsolidierung war und ist das gemeinsam erklärte Ziel. „Ein ernüchterndes Ergebnis ist, dass kaum Stellschrauben gibt, um die Ausgaben deutlich zu senken, um auf Mehreinnahmen zu verzichten“, resümiert Kirch.

Einnahmeseitig wurde die Grundsteuer seit sieben Jahren nicht mehr an die Inflation angepasst und im Zuge der Beratungen im Jahr 2017 sogar um fünf Punkte gesenkt. Auch Verwaltungskostensatzung wurde seit Jahren nicht aktualisiert. Der Rathauschef kündigt die Gründung einer Haushaltskommission an, um die Konsolidierung über Jahre hinweg zu begleiten und Wege zu ermöglichen, Ausgaben nachhaltig zu reduzieren, Gewerbe anzusiedeln, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und die Prozesse- und Projekte innerhalb der Verwaltung effizienter, digitaler und günstiger zu gestalten.

6,2 Millionen Euro Defizit macht Erhöhung der Grund- & Gewerbesteuer notwendig

Der Haushaltsplanentwurf 2024 sieht Einnahmen in Höhe von 68 Millionen Euro vor. Dem gegenüber stehen 69 Millionen Euro an Ausgaben. Dies bedeutet ein Defizit von einer Millionen Euro. Die Prognosen der Jahre 2025, 2026 und 2027 zeigen eine Erhöhung der Ausgaben von im Schnitt mehr als drei Millionen Euro pro Jahr.

Der aktuelle Haushalt ist nicht krisensicher. Etwa 1,2 Millionen Euro werden eingespart. „Mal wieder“, sagt Kirch und sieht die Weintraube nahezu auf den letzten Tropfen ausgequetscht.

Um einen ausgeglichenen und genehmigungsfähigen Haushalt zu erreichen, ist eine Erhöhung der Grundsteuer A (agrarisch) von 400 auf 770 Punkte und der Grundsteuer B (baulich) von 525 um 370 auf 895 Punkte vorgesehen. Die Gewerbesteuer soll den Plänen nach um 15 Punkte auf 400 steigen. Weitere Einnahmensteigerungen sind über die Anpassung von Gebührensatzungen vorgesehen.

„Das tut weh. Es trifft alle Unternehmen, Landwirte und Einwohnerinnen und Einwohner. Einigen wird diese Mehrbelastung große Sorgen bereiten und sie vor Herausforderungen stellen. Im Magistrat ist uns die Entscheidung aus diesem Grund sehr schwergefallen,“ so René Kirch.

Die Details zum Haushalt sowie die Präsentation des Bürgermeisters finden Interessierte im Gremieninformationssystem.