Leben in Groß-Umstadt

80 Jahre Frieden in Deutschland – Erinnern, gedenken, mahnen

Ein Blick zurück auf die dunklen Kapitel
deutscher Geschichte – und auf den Wert von Freiheit und Demokratie

Ein Blick zurück auf die dunklen Kapitel        deutscher Geschichte – und auf den Wert von Freiheit und Demokratie

Im Jahr 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal – 80 Jahre Frieden auf deutschem Boden. Ein Anlass zum Innehalten, zum Erinnern, aber auch zum Mahnen und Wachhalten historischer Verantwortung.

Die Nationalsozialisten nutzten ihre neue Machtposition gezielt, um binnen weniger Wochen die Demokratie durch eine Diktatur zu ersetzen. Der Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 diente als Vorwand für Notverordnungen und massive Repressionen. Nur einen Monat später – am 23. März – wurde mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz die letzte demokratische Kontrollinstanz ausgehebelt. Deutschland war zur Diktatur geworden. „Gerade weil der Übergang von der Demokratie zur Diktatur so schnell und scheinbar legal geschah, müssen wir heute besonders wachsam sein“, mahnt Bürgermeister René Kirch. „Unsere freiheitliche Ordnung lebt vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger – sie darf niemals als selbstverständlich betrachtet werden.“

Was folgte, war ein unvorstellbares Kapitel des Schreckens: zwölf Jahre Gewalt, Verfolgung, Völkermord und ein Krieg, der die Welt in Brand setzte. Millionen Menschen fielen der nationalsozialistischen Ideologie zum Opfer – auf Schlachtfeldern, in Konzentrationslagern, in Bombennächten, auf der Flucht.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht im Mai 1945 – nach der Einnahme Berlins durch die Alliierten und dem Suizid Adolf Hitlers am 30. April 1945 – endete dieser Krieg. Die Siegermächte befreiten Deutschland und Europa von der Herrschaft des Nationalsozialismus. Der Preis für diese Befreiung war hoch – Millionen Tote, zerstörte Städte, zerbrochene Biografien.

Kriegsende in Groß-Umstadt

Am 26. März 1945 erreichten amerikanische Truppen die Stadt Groß-Umstadt. Die Besetzung erfolgte kampflos – es wurden keine militärischen Auseinandersetzungen dokumentiert. Nachdem der Bürgermeister geflohen war, hatten dies die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung vorbereitet und die Stadt den amerikanischen Truppen übergeben. Die Stadt wurde somit vor Zerstörungen bewahrt, wie sie in anderen Orten der Region zu beklagen waren. Die Bevölkerung reagierte verhalten, aber kooperativ auf das Vorrücken der US-Einheiten.

Bereits in den Tagen zuvor war eine deutliche Unruhe in der Stadt zu spüren. Flüchtlinge aus dem Osten, Einheiten des Volkssturms und sich zurückziehende Wehrmachtsteile prägten das Stadtbild. Öffentliche Einrichtungen wurden teilweise improvisiert als Unterkünfte oder Lagerstätten genutzt. Bürgermeister Georg Elßer verließ die Stadt in der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945. Die Verwaltung blieb jedoch unter Leitung von Beamten aktiv, die sich auf eine geordnete Übergabe vorbereiteten.

Am 28. März bezogen amerikanische Truppen feste Quartiere in Groß-Umstadt. Dies führte dazu, dass kurzfristig ganze Straßenzüge – u. a. Teile der Darmstädter und Habitzheimer Straße – geräumt werden mussten, um Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Öffentliche Gebäude wie Schulen und das Amtsgericht wurden vorübergehend beschlagnahmt.

Die amerikanische Militärverwaltung richtete innerhalb weniger Tage eine örtliche Kommandantur ein. Erste Anordnungen betrafen u. a. das Waffenverbot, die nächtliche Ausgangssperre und die Pflicht zur Registrierung ehemaliger NSDAP-Mitglieder und Funktionsträger. Zahlreiche frühere Parteifunktionäre wurden interniert oder befragt.

Die Versorgungslage war in den ersten Wochen angespannt, aber nicht katastrophal. Lebensmittel waren knapp, doch es kam nicht zu Hungerunruhen. Die Landwirtschaft in der Umgebung trug zur Grundversorgung bei. Die Schulen blieben zunächst geschlossen, wurden jedoch bereits im Herbst 1945 unter Aufsicht der Militärregierung schrittweise wieder geöffnet. Trotz allem zeigte sich innerhalb der Bevölkerung eine starke Solidarität. Menschen halfen einander, organisierten Nachbarschaftshilfen und begannen mit dem Wiederaufbau des Alltags. Die amerikanische Militärregierung sorgte mit Unterstützung lokaler Akteure für eine schrittweise Wiedereröffnung der Schulen, des Gesundheitswesens und der städtischen Infrastruktur.

Die politische Neuordnung begann rasch. Die NSDAP wurde verboten, ihre Vermögenswerte beschlagnahmt. Im Laufe des Jahres 1945 wurden erste parteiunabhängige Bürgerausschüsse gebildet. Die erste freie Kommunalwahl fand am 27. Januar 1946 statt.

Weg in die Zukunft deutschlandweit

In den Jahren nach dem Krieg begann ein mühsamer, aber entschlossener Weg in eine neue Zukunft. Während sich Westdeutschland mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 und dem Wiederaufbau demokratischer Strukturen relativ zügig in ein freiheitliches Staatswesen entwickelte, blieb der Osten Deutschlands bis zum Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 weitestgehend isoliert.

80 Jahre Frieden in Deutschland sind keine Selbstverständlichkeit. Sie sind ein hart errungener Zustand, der auf der bitteren Erkenntnis fußt, wohin Hass, Ausgrenzung und antidemokratische Ideologien führen können.

„Frieden, Freiheit und Demokratie sind das Fundament unseres Zusammenlebens – und sie müssen jeden Tag aufs Neue geschützt und verteidigt werden. Die Erinnerung an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte ist keine Last, sondern eine Verpflichtung. Nur wer versteht, woher wir kommen, kann unsere Zukunft verantwortungsvoll gestalten. „Gerade der Europatag und unsere lebendigen Städtepartnerschaften zeigen, wie aus Feindschaft Freundschaft werden kann – durch Dialog, gemeinsame Werte und gegenseitigen Respekt. Sie sind gelebte Friedensarbeit und Ausdruck unserer Verantwortung in Europa.“, so Bürgermeister René Kirch.

Die Stadt Groß-Umstadt wird sich auch künftig der aktiven Erinnerungskultur widmen – durch Veranstaltungen, Bildungsangebote und öffentliches Gedenken. Denn: Nie wieder darf geschehen, was damals geschah.